Stopover am Delhi Airport und weiter geht es erst am
nächsten Tag? Sie haben keine Lust, sich die Zeit in einem sterilen,
gesichtslosen Hotelzimmer totzuschlagen?
Dann ist hier die Alternative:
Setzen sie sich am Flughafen in die U-Bahn, fahren sie
bis zur Station Chandni Chowk -Downtown Delhi- und Sie werden eine andere Welt
erleben. So exotisch, so vibrierend, so einzigartig, daß Sie die Eindrücke
lange nicht vergessen können.
Denn auf dem Straßenabschnitt zwischen U-Bahnstation und
dem „Roten Fort“ erleben Sie das komplette indische Kaleidoskop aus Religionen,
Menschen und Originalitäten; unmittelbar, ungefiltert und mit voller Wucht –
und alles für den lächerlichen Preis einer Fahrkarte.
Wenn Sie nur kurze Zeit in Indien verbringen können, aber
offen für neue Eindrücke sind, organisiertes Chaos als Erfahrung betrachten und
ein kleines Abenteuer zwischen zwei Geschäftsterminen suchen, dann fahren Sie
mit der U-Bahn zur Chandni Chowk!
Vor der Jama-Moschee, Chandni Chowk: Ein Sikh wartet darauf, daß seine Freunde ihr Gebet beenden. | In der Jama-Moschee, Chandni Chowk: Der Islam in Indien ist säkularisiert. |
Chandni Chowk, die „Mondscheingasse“. Der Name suggeriert
Ruhe und Selbstbesinnung…
So stolpert man auch unmittelbar am Ausgang der U-Bahnstation
in einen Hindutempel, es folgen ein Sikh-Gotteshaus, eine Kirche und an der
Ecke ein Jain-Tempel. Die phantastische Jama-Moschee ist nur einen kurzen
Spaziergang entfernt.
Ein heiliger, beschaulicher Ort diese Chandni Chowk,
könnte man denken ob der vielen Gotteshäuser – von wegen!
Die Luft ist geschwängert vom Geruch aus den Garküchen,
das Geschrei der Händler wird nur noch vom Dauerhupen der Autos übertönt. Was
sollen die auch sonst machen, es geht weder vor noch zurück. Dazwischen
Fahrradrikschas, gesteuert von drahtigen, schwitzenden Fahrern, auf der
Sitzbank elegante Ladies in Seidensaris. Mit langsamen Schritten und stoischem
Blick ziehen Ochsen hochbeladene Gewürzkarren vorbei. Menschenmassen drängen
sich zwischen den Autos; es ist ein einziges Schieben, Quetschen und Drängeln.
Am Ende der Straße dann das „Rote Fort“, zentraler Punkt
Alt-Delhis. Ein imposanter Festungsbau aus Buntsandsteinquadern, in dem man
sich vom Frontalangriff auf alle Sinne etwas erholen kann.
Den Mondschein aber muß man woanders genießen.
Ein Eldorado für Foodies: Der Gewürzmarkt am unteren Ende der Chandni Chowk. |
Ohren zuhalten bringt wirklich nichts! | Die beste Art, seine Waren auf der Chandni Chowk zu präsentieren. |
Kein ungewöhnlicher Verkehrsteilnehmer in Downtown Delhi. |
Jeder versucht irgendwie über die Runden zu kommen. | Was wäre der indische Alltag ohne Bollywood? |
Heute gibt sich Indien hinduistisch-nationalistisch und
verdrängt, daß es das - gemessen an der Anzahl der Gläubigen – drittgrößte
islamische Land der Welt ist.
Dabei stellten die muslimischen Herrscher über zwei
Jahrhunderte lang die Führungsschicht im Lande und wurden erst Mitte des 18.
Jahrhunderts durch die Briten verdrängt.
Hinterlassen haben die Moguln Paläste, Festungen und
Moscheen, die zu den beeindruckendsten und auch schönsten der Welt gehören. Das
Taj Mahal in Agra ist nur eines von ihnen. Ganz Nordindien einschließlich der
Hauptstadt Dehli ist geprägt von ihren Bauten aus Marmor und vor allem roten
Buntsandstein.
Nur eine kleine Auswahl habe ich Ihnen hier
zusammengestellt.
Gläubige strömen zum Morgengebet in die Jama Mashid, eine der größten Moscheen der Welt. |
Qutb Minar, ein imposantes Minarett aus der Zeit der Moguln. | Die Sandsteinsäulen dort sind aufwendig bearbeitet. |
Indiens Muslime interpretieren den Koran auf ihre Weise. |
Fatepur Shikri bei Agra, eine atemberaubende muslimische Palastmoschee. | Intarsien aus Hämatit und Malachit in den Marmorwänden einer Moschee im Red Fort, der Stadtburg Delhis. |
Das Red Fort, Mittelpunkt des alten und neuen Delhis. |
Die weißen Marmormauern des Taj Mahal in Agra, fotografiert aus einer anderen Perspektive. | Auch in Agra gibt es ein Red Fort, hier das Eingangstor. |
Neulich verriet mir ein einheimischer
Kollege: „Alle Inder suchen ständig nur nach einem Grund, um zu feiern. Nicht
um des Feierns willen, sondern um den harten Alltag zu vergessen“.
Glücklicherweise gibt es im hinduistischen
Pantheon unzählige Götter, die alle irgendwann
einen Ehrentag haben, der begangen werden muß.
So wie der Geburtstag Lord Ganeshs, des
elefantenköpfigen Sohnes von Shiva und Kali. Besonders in Pune, einem der
Hauptzentren der Verehrung, wird tagelang seiner gedacht, bis eine Parade durch
die Straßen das Ende der Feierlichkeiten markiert. Trommler, Musikanten und
Schauspieler bilden einen kilometerlangen Zug, tausende von Menschen das
begeisterte Publikum.
Zu Beginn der Prozession formieren sich die
Teilnehmergruppen in den Straßen Punes, bevor es unter dem ohrenbetäubenden
Wirbel der Trommeln losgeht.
Orangefarbene Fahnen werden rythmisch in den Himmel gestoßen, fast schon
akrobatisch führen die Träger dazu Tänze auf. Motivwagen mit Ganesha-Figuren
gleiten langsam vorbei, gezogen von weißen Ochsen, die sich weder von Lärm noch
vom Rausch der Farben aus ihrer stoischen Ruhe bringen lassen.
Auffallend viele Frauen mit traditionellem
Nasenschmuck schlagen die Trommeln; die Straße bebt, die Sonne brennt und das
Publikum gerät in Ekstase.
Es beginnt eine wilde, rauhe Prozession, die
wenig mit den ausgefeilten Choreographien der brasilianischen, geschweige denn
mit der alkoholisierten Trägheit der rheinischen Karnevalsumzüge gemein hat.
Und doch, bei aller Ausgelassenheit und
Ekstase, ist die Grundstimmung bei diesem Fest friedlich, Alkohol und Machismo
spielen keine Rolle. Gäste, zumal aus dem Ausland, sind willkommen.
Ganesha Charturti findet jedes Jahr zwischen
Mitte August und Mitte September statt; das Datum der Prozession orientiert
sich am Vollmond und kann aus dem
Internet abgerufen werden.
Pune als einer der wichtigsten
Industriestandorte Indiens ist
problemlos über Inlandsflüge oder per Bahn von Mumbai aus erreichbar.
Indien, ein Rausch von Farben. |
Die Choreographien der Musikgruppen sind minutiös geplant. | Viele trainieren das ganze Jahr über für diesen Tag. |
Party! |
Trommeln aller Art sind das Musikinstrument der Wahl am Ehrentag von Lord Ganesh. | Und ein charmantes Lächeln herab vom Prunkwagen macht den Tag perfekt. . |