Entlang der Koromandelküste

Mit dem Zug durch Tamil Nadu






1. Ans Ende der Welt


2. Tiruchirapalli


3. Madurai


4. Kanyakumari




1. Ans Ende der Welt

Es ist offensichtlich: Indiens Süden ist anders. Statt Hindi wird Tamil gesprochen, Tempel sind detailreich, bunt, verspielt und die Mahlzeiten dort fast so scharf wie die Stewardessen von Spicejet.  Gute Gründe also, Tamil Nadu, den südöstlichen Bundesstaat des Landes, mit der Eisenbahn zu bereisen.

Eine Zugfahrt durchs ländliche Tamil Nadu bietet darüber hinaus die Möglichkeit, etwas vom Flair Indiens zu spüren, das auch heute noch zum Großteil agrarisch geprägt ist. Völlig unterschiedlich ist das Leben auf dem Land und in den Boom-Metropolen.  Wer Indien nur von Geschäftsreisen nach Delhi oder Mumbai her kennt, weiß, was ich meine.

Der Start für eine entspannte Bahnreise Richtung Süden erfolgt am besten von Chennai oder Tiruchirapalli aus.  Beide liegen an der Hauptstrecke der Indian Railway und sind zugleich noch über Regionalflughäfen ans indische Luftverkehrsnetz angebunden.




Hinduistische Pilger sind allgegenwärtig in Tamil Nadu.
Einzigartig jedoch ist die Tempelarchitektur dort.


Viele Inder in der südostasiatischen Diaspora sind ethnische Tamilen.
Tamil ist z.B. die Sprache der indischen Community Singapurs.

 

2. Tiruchirapalli

Hunde liegen ausgestreckt auf den Fliesen des Bahnhofsvorplatzes, Großfamilien sitzen tratschend im Schatten eines Brotfruchtbaumes und Rikschafahrer dösen entspannt auf den Sitzbänken ihrer Gefährte vor sich hin.

Die heiße Luft flirrt über den Gleisen und aus der offenen Tür des Stationsmanagerbüros tönt Bollywoodmusik: High Noon in Tiruchirapalli, Südindien, Tamil Nadu.

Mit lautem Getöse fährt der “Kanyakumari Expreß” ein. Und nach kurzer Zeit wieder ab, nachdem sich die aus- und einsteigenden Passagiere in dem Gewusel auf dem Bahnsteig sortiert haben.




Figurenschmuck am wohl gößten Tempelkomplex Südindiens,
dem Sri-Ranganathaswami-Tempel.


Ein Vanara (Waldmensch),
Inkarnation Vishnus in Tiergestalt.


3. Madurai

Es geht schnurstracks nach Süden, vorbei an strohgedeckten Hütten und Palmenhainen. Wilde Pfaue stolzieren duch die Landschaft und an Bahnübergängen warten gelbe Tata-Busse mit Kindern in Schuluniformen auf die Weiterfahrt.

Gemächlich zockelt der Zug dahin; der Namenszusatz “Expreß” ist wirklich nicht wörtlich zu nehmen. Aber es ist die Erholung pur an der offenen Waggontür zu sitzen, einen heißen Kaffee aus dem Pappbecher zu schlürfen und den Fischreihern zuzusehen, die über die gefluteten Reisfelder staksen.




Höhepunkt der südindischen Tempelarchitektur: Der Sri-Minakshi-Tempelkomplex,
Sitz der dreibrüstigen Göttin Minakshi Amman, der Gemahlin Shivas.





Der elefantenköpfige Gott Lord Ganesh, Sohn des Shiva und der Parvati, auf seinem Reittier.
Lord Ganesh ist einer der populärsten Gottheiten des Hinduismus und überall in Indien präsent.



4. Kanyakumari

Noch einige weitere Stunden gemächlicher Zugfahrt und Kanyakumari ist erreicht, da, wo ein paar rundgewaschene Granitblöcke das Ende des indischen Subkontinents anzeigen. Und wie immer bei Endstationen wirkt auch hier die Aura des Mysthischen; die Gewissheit, das jetzt nichts mehr kommt außer der großen, öden Weite ist tief drinnen spürbar.

Und genau das spirituelle Erlebnis macht den Reiz Kanyakumaris aus. Am Meer zu sitzen, den Wellen zuzusehen, die sich an den Felsen brechen und seinen Gedanken nachzuhängen. Nur wegen der Landschaft herzukommen, lohnt eigentlich nicht, denn die ist unspektakulär und zudem noch ziemlich ramponiert vom letzten Tsunami.




Das Ende Indiens.
Das nächste Land in Richtung Süden ist erst wieder die Antarktis.


Ein Ort zum Sinnieren über die Zukunft.
Brautpaare kommen gerne nach Kanyakumari.



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