Entlang der Großen Mauer

Auf der Seidenstraße nach Westen






1. Wo die Geschichte begann


2. Ein anderes China


3. Buddhismus im Schatten der Mauer


4. Mid Autumn-Festival in Xi´an


5. Der Hexi-Korridor, das Tor zu Zentralasien





1. Wo die Geschichte begann

Grau, ohne Farbe, so zeigt sich das Land zwischen mongolischer Grenze und Gelbem Fluß. Menschenleer noch dazu. Ein vergessenes Stück Erde, das heute nur die zweite Geige hinter den prosperierenden Küstenregionen des Ostens spielt.

Und doch war es die Wiege der chinesischen Kultur.

Vor Jahrtausenden entwickelten sich auf den fruchtbaren Lößböden am Gelben Fluß die ersten Zivilisationen, entstanden chinesische Sprache und Schrift. Später migrierten die Völker nach Süden und schufen erste chinesische Großreiche.

In der Gegenrichtung fand der Buddhismus tibetischer Ausprägung seinen Weg, von Westen her kam der Islam.

In diesem Raum, in dem heute noch zentralasiatische Völker eng zusammenleben und Fast Food-Restaurants ihren Namen auch auf mongolisch präsentieren, versuchten die chinesischen Kaiser ihre Dynastien durch eine Mauer zu schützen. In ihrem Schatten entstand das Handelssystem der Seidenstraße, Chinas Verbindung nach Westen.

Auf Schritt und Tritt finden sich heute noch eindrucksvolle Spuren vergangener Zeiten, klicken Sie doch einfach mal weiter!



Weit im Osten ist es noch grün an der Großen Mauer.
Restaurierter Teilabschnitt bei Badaling, nördlich von Beijing.



2. Ein anderes China

Vergleicht man China mit einem Kreuzfahrtdampfer, so sind die auf Hochglanz polierten Städte an der Ostküste das Oberdeck, die, die im Schatten der Mauer liegen, aber der Maschinenraum.

Und wie auf einem Schiff geht es dort rau und funktionell zu, kein Platz für Schnörkel und Eleganz.

In Orten wie Baotou und Datong wird Stahl gekocht und Kohle verstromt. Oft noch wohnen die Menschen in einfachen Backsteinhäusern oder sozialistischen Plattenbauten. Und auf den Hauptplätzen dieser Städte findet sich überall die Mao-Statue aus weißem Marmor. Mit wehendem Mantel und ausgestreckter Hand weist er den Weg nach vorne, in eine Zukunft, die anderswo schon begonnen hat.

Ein Besuch in den Industriestädten dieser Region ist wie eine Zeitreise zurück in die sechziger Jahre. Gerade dieses Flair macht einen Aufenthalt dort so interessant. 



Ackerbau auf terrassierten Feldern in der Provinz Shanxi, westlich von Beijing.



Die Altstadt von Datong in der Provinz Shanxi.
Die meisten Menschen dort arbeiten im Kohlebergbau.


Pensionierter Kohlekumpel in Datong.
Früher waren sie die Helden der Volksrepublik.



Strom aus Kohle für das Wirtschaftswunder Chinas.



Sozialistisches Stadtbild von Baotou in der Inneren Mongolei



3. Buddhismus im Schatten der Mauer


Im modernen China ist es nicht so ganz einfach mit der Religion im Allgemeinen und dem Buddhismus im Besonderen. Die Staatsdoktrin ist zwar dezidiert atheistisch, doch werden Religionen geduldet, solange die Deutungshoheit der kommunistischen Parteiideologie nicht in Frage gestellt wird. Es ist ein schmaler Grat, auf dem hier balanciert werden muß.

Was aber gerne genommen wird, sind historische Tempel und Relikte. Nachgebaut, restauriert und als „scenic spot“ vermarktet, spielen sie eine wichtige Rolle in der chinesischen Tourismusindustrie. Und ich meine das nicht grundsätzlich negativ. Sehr oft wurde hier mit Liebe zum Detail gearbeitet, gepaart mit dezenter Vermarktung. Daß gerade zu Urlaubszeiten diese Orte stark besucht werden und das individuelle Erleben dabei auf die Probe gestellt wird, ist ein anderes Thema.

Gerade am Gelben Fluß, dem Ausgangspunkt der chinesischen Kultur, sind buddhistische Hinterlassenschaften verschiedener Ausprägungen und Epochen zu finden. Seien es die Höhlentempel der „Wolkengrat-Grotten“ bei Datong oder aber die tibetisch beeinflußte Tempelarchitektur im chinesisch-mongolischen Grenzbereich, die Eindrücke sind einmalig und das Erlebnis durch Sonne, Wüste und Isoliertheit intensiv.



Wudangzhao-Kloster bei Baotou. Der südliche Teil der
Mongolei war ab 781 unter tibetischer Kontrolle.


Gebetsfahnen wehen im Wudangzhao-Kloster.
Bevor die Mongolen Buddhisten wurden, bekannten sie sich zum Islam.



Gebaut um 500 n. Chr. unweit von Datong:
Das "Hängende Kloster" am Huangshan, einem der fünf heiligen Berge des Daoismus.



Die Yungang ("Wolkengrat-")-Grotten bei Datong sind die größten
 erhaltenen Höhlentempelanlagen Chinas, erbaut ab 400 n. Chr..


Befreit vom Kohlestaub der nahen Bergwerke erstrahlt eine
Buddhastatue in den Yungang-Grotten bei Datong.



Erbaut als Sichtschutz: Die "Neun-Drachen-Wand" im Huayan-Tempel von Datong.



4. Mid Autumn-Festival in Xi´an

Klar, der chinesische Neujahrstag im Februar ist der wichtigste Feiertag im Land. In der Bedeutung gleich danach allerdings folgt schon der „Mid Autumn Day“ im September.

Da der oft noch mit der kollektiven Urlaubswoche des chinesischen Nationalfeiertags, der „Golden Week“ zusammenfällt, ist um diese Zeit Remmidemmi garantiert.

Denn durch die freien Tage ist in den touristischen Hotspots im Lande die Hölle los. In Xi´an, einem der bedeutendsten davon, gleichen die Straßen dann denen Venedigs im Hochsommer. Besonders auf dem Ausgrabungsgelände der unvergleichlichen Terrakottaarmee geht es da nur noch im Gänsemarsch voran.

Kenner der Verhältnisse raten, einen Besuch dort auf die Zeit außerhalb der Ferienzeiten zu legen. Generell ist es auch etwas kompliziert, Tickets vorab im Internet zu kaufen. Mit Sicherheit sind hier für ausländische Touristen die über eine Travel Agency gebuchten Touren die stressfreiere Alternative.

Im Herzen Xi´ans nutzen Frauen und Männer, besonders aber Frauen, in diesen besonderen Tagen die Gelegenheit, um in traditionellen Kleidern vor historischen Gebäuden zu flanieren. Vorher höflich um Erlaubnis gefragt, sind Erinnerungsbilder meist kein Problem.

Xi´an ist eine der historisch bedeutendsten Städte Chinas. Und ein Verkehrsknotenpunkt noch dazu, so daß die Stadt problemlos aus dem ganzen Land mit Bahn und Flugzeug zu erreichen ist.



Nicht gerade zimperlich geht es dann zu, wenn man einen der vorderen Plätze
ergattern will, um die Terrakottaarmee bewundern zu können.



Eine in traditionelle Trachten gehüllte Bewohnerin Xi´ans
am "Mid Autumn Day".


Die behutsam konservierte
"Große Wildganspagode" in Xi´an.



  Weniger dezent geht es dort abends an der rekonstruierten Stadtmauer zu.



5. Der Hexi-Korridor, das Tor zu Zentralasien

Weit im nordwestchinesischen Nirgendwo, in der Provinz Gansu, gibt es zwischen den Gebirgen einen Streifen flacheren Landes, den Hexi-Korridor. Seit Jahrhunderten ist er die Verbindung zwischen den buddhistischen Gesellschaften Chinas und denen der moslemischen Turkvölker Zentralasiens.

Unablässig weht der Wind und modelliert die bizarren Felsformationen. Lange Zeit war der Landstrich unbekannt, doch Ende des 19. Jahrhunderts kamen westliche Forschungsreisende und Kartographen; als Sprungbrett nach Ostasien rückte die Gegend in den Fokus der europäischen Kolonialmächte.

Es war Friedrich von Richthofen, ein deutscher Geologe, der das Gebiet um 1870 erforschte und den Begriff „Seidenstraße“ zum ersten Mal nutzte. Sogar in den chinesischen Sprachschatz hat er Eingang gefunden. Das ist bemerkenswert, hat die offizielle chinesische Geschichtsinterpretation doch üblicherweise Ressentiments gegenüber westlich geprägter Sicht auf eigene Belange.

Noch ist der Hexi-Korridor nicht überlaufen von Touristen. Zhangye z. B. bietet kulturelle Sehenswürdigkeiten und ist Ausgangspunkt für Touren in die Canyons der Umgebung. Von Xi´an aus ist es leicht per Flugzeug oder Bahn zu erreichen.



Blick auf die schneebedeckten Hänge des Qilian-Gebirges bei Zhangye.



Die größte liegende Buddhastatue Chinas im
"Tempel des Großen Buddhas" in Zhangye.


Unverkennbar auch hier die tibetische Ausprägung
der Tempelarchitektur.



  Farbige Ablagerungen eines tertiären Sees bei Zhangye sind heute Hauptattraktionen des Zhangye-Danxia-Geoparks.



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